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Spinale Tumore – Tumore des Rückenmarks, der spinalen Nerven und des Spinalkanals

Allgemeines und Hintergründe

Das Rückenmark entspringt am unteren Ende des Hirnstammes und verläuft im Spinalkanal der 24 Wirbelkörper. Es gibt auf Höhe eines jeden Wirbels zu beiden Seiten Nerven ab - die Spinalnerven. Genau wie das Gehirn ist auch das Rückenmark in ein System von Hirnwasser eingebettet und von drei Hirnhäuten umgeben.

Spinale Tumore können im Rückenmark selbst vorliegen (intramedulläre Tumore) oder aus in den benachbarten Strukturen des Spinalkanals hervorgehen (extramedulläre Tumore). Die häufigsten spinalen Tumore sind: das spinale Ependymom, Astrozytom, Hämangioblastom, Schwannom (=Neurinom), Meningeom und Metastasen. Alle Tumorarten haben gemeinsam, dass es zu Beschwerden und Ausfallerscheinung kommt, sobald Nervenbahnen des Rückenmarks oder die abgehenden Spinalnerven unter Druck geraten. Typisch sind Lähmungen, Sensibilitätsstörungen, Gangunsicherheit, Inkontinenz, Störungen der Sexualfunktionen und verschiedene Arten von Schmerzen. Da die spinalen Tumore (abgesehen von den Metastasen) in der Regel langsam wachsen, entwickeln sich die Symptome schleichend. Unbehandelt können spinale Tumore letztendlich zur Querschnittslähmung führen.

Diagnostik der spinalen Tumore

Neben einer sorgfältigen neurologischen Untersuchung wird die hochauflösende Magnetresonanztomographie (MRI / MRI) eingesetzt, um die Tumore und insbesondere ihre Grenze und möglicherweise ihre Druckwirkung in Bezug auf benachbarte Strukturen darzustellen. Um die knöchernen Strukturen und die Stabilität der Wirbelsäule zu beurteilen, wird eine Computertomographie (CT) und ggf. ein dynamisches Röntgen durchgeführt.

Therapie der spinalen Tumore – wann sollte eine OP erfolgen?

Bei symptomatischen Tumoren sollte eine möglichst frühzeitige Operation erfolgen. Dies gilt insbesondere beim Verdacht auf das Vorliegen eines bösartigen Tumors wie z.B. einer Metastase. Bei zufällig entdeckten, nicht symptomatischen Tumoren kann in den meisten Fällen abgewartet werden - vorausgesetzt im MRI zeigen sich keine Hinweise auf Aggressivität. Es erfolgen dann regelmässige MRI Kontrollen.

Intramedulläre Tumore - Tumore des Rückenmarks

Rückenmarkstumore entstehen aus den Gewebestrukturen des Rückenmarks und sie wachsen in der Regel langsam und die Symptome sind schleichend. Die häufigsten Tumore des Rückenmarks sind das Ependymom, Astrozytom und Hämangioblastom.

Ependymome und Hämangioblastome lassen sich meist gut vom Rückenmarkgewebe abgrenzen und daher in der Regel vollständig operativ entfernen. Bei den Astrozytomen liegt meist ein diffuses Wachstum mit Infiltration der umgebenden nervalen Strukturen vor.

Die Operation intramedullärer Tumore

Vor der Operation erfolgt eine hochauflösende MRI Bildgebung. In DTI Sequenzen ist es oft möglich die benachbarten neuralen Bahnen drei-dimensional darzustellen, um somit eine chirurgisch-anatomische Eintrittspforte zum Tumor exakt planen zu können. Wenn immer möglich wird ein halbseitiger Zugang durchgeführt, die sogenannte Hemilaminektomie. Somit bleiben die für die Statik der Wirbelsäule wichtigen Bänder und Knochenstrukturen (Dornfortsätze, Facettengelenk) erhalten.

Noch vor dem Eröffnen der Rückenmarkshäute wird der intramedulläre Tumor mit dem Ultraschall dargestellt. Die Länge und die Weite der Hemilaminektomie kann somit exakt angepasst werden, während die Kontur und Echo-Struktur des noch unberührten Tumors und Rückenmarks wird erfasst.

Nach der Incision der Rückenmarkshäute wird das Rückenmark genau in der Mittellinie eröffnet und die sensiblen Hinterstrangbahnen werden durch stumpfes Präparieren voneinander getrennt. Bei Tumoren, die bis an die Oberfläche reichen, beginnt die mikrochirurgische Präparation unmittelbar an der oberflächlichen Grenzschicht zwischen Tumor und Rückenmark.

Die mikrochirurgische Entfernung des Rückenmarkstumors bedeutet Präzisionsarbeit im Millimeterbereich und mit feinsten Mikroinstrumenten - ähnlich wie bei Gehirnoperationen oder Operationen im Bereich des Hirnstamms. Durch behutsame tastende Führung der Instrumente wird unter ständiger Spülung und hoher Vergrösserung die feine Schicht zwischen Tumor und Rückenmark identifiziert und der Tumor so freigelegt, verkleinert und schliesslich entfernt. Besonders bei diffus wachsenden Tumoren wie dem Astrozytom ist das permanente elektrophysiologische Monitoring während der Operation von eminenter Bedeutung. Zu dessen Durchführung kommen spezielle Sonden zur Anwendung. Ausserdem werden permanent Impulse vom Gehirn durch das gesamte Rückenmark gesendet und von diesem wiederum detektiert. Dazu ist ein spezielles Team aus Neurologen im Operationssaal anwesend. Darüber hinaus kommt auch während der Operation der hochauflösende Ultraschall zum Einsatz.

Extramedulläre Tumore

Extramedulläre, intradurale Tumore wachsen nicht im Rückenmark sondern entstammen aus benachbarten Gewebestrukturen. Die häufigsten extramedullären, intraduralen Tumore sind das Meningeom und das Neurinom.

Meningeome sind fast immer gutartig (WHO I) und entspringen aus der mittleren Schicht der drei Hirnhäute. Sie wachsen in der Regel langsam und verdrängend. Dadurch entsteht im Laufe der Zeit Druck auf das Rückenmark oder die Nervenwurzeln des Spinalkanals. Dies führt in Abhängigkeit von der Höhenlokalisation zu unterschiedlichen neurologischen Ausfällen wie Lähmungen, Sensibilitätsstörungen und Blasenentleerungsstörungen, sowie bei sehr hoch im Spinalkanal gelegenen Tumoren, zu Atemstörungen.

Das spinale Schwannom oder Neurinom entwickelt sich das aus den Hüllenzellen der spinalen Nerven, den sog. Schwann-Zellen. Im Vergleich zum Meningeom können Neurinome sowohl innerhalb als auch außerhalb der Rückenmarkshaut liegen. Durch ihren Ursprung an einem spinalen Nerven können sie gelegentlich auch zusammen mit diesem bis in die seitliche die Öffnung der Wirbelsäule (Neuroforamen) und sogar darüber hinaus wachen. Im MRI zeigen sie dann die typische Form einer Sanduhr.

Je nach Lokalisation und Grösse der Schwannome treten Sensibilitätsstörungen, Lähmungen und Schmerzen im Versorgungsgebiet des betroffenen spinalen Nerven auf. Bei zunehmender Grösse kann wie bei Meningeomen auch das Rückenmarkes komprimiert werden und ein Querschnitt kann drohen.

Die Operation extramedullärer Tumore

Meningeome und Neurinome werden vor einer Operation präzise in einem hochauflösenden MRI dargestellt. Dabei geling es in CISS Sequenzen oft die benachbarten spinalen Nerven darzustellen und so den Tumor exakt räumlich zu verstehen.

Der Zugang zum Tumor ist in der Regel über eine Hemilaminektomie möglich und bereits vor der Duraeröffung erfolgt auch hier die Darstellung mit Ultraschall (siehe Operation bei intramedullären Tumoren). In mikrochirurgischer Technik können Meningeome in der Regel schonend von den neuralen Strukturen gelöst und vollständig entfernt werden. Meningeome, deren duraler Ansatz etwas vor dem Rückenmark liegt, werden mit Hilfe des Endoskops minimalinvasiv freipräpariert ohne das Rückenmark zu verletzen.

Im Unterschied zum Meningeom umschliessen Schwanomme / Neurinome häufig einen Nervenstrang oder die gesamte Nervenwurzel. Diese wird intra-operativ mit sensiblen elektrophysiologischen Messungen in Bezug auf ihre Funktion überprüft. Dabei ist ein neurologisches Team im Operationsaal anwesend. In der Regel hat das langsame Tumorwachstum bereits zu Funktionseinschränkung der betroffenen Nervenwurzel geführt und andere, nicht betroffene Nervenfasern haben deren neurologische Funktion übernommen. In diesem Fall wird der den Tumor tragende Nervenstrang im Rahmen der kompletten Entfernung des Tumors reseziert. Sollte in seltenen Fällen in der Nervenfaser, die dem Tumor anliegt, motorische Aktivität festgestellt werden, wird diese mikrochirurgisch vom Tumor freipräpariert und erhalten, ggf. auch unter Zurücklassen von minimalen Tumorresten.

Bei Schwannomen / Neurinomen, welche über das Neuroforamen auf der Höhe des Brustkorbs weit nach lateral wachsen, wird dieser extra-foraminale Tumoranteil in Zusammenarbeit mit einem thorax-chirurgischen Team endoskopisch entfernt (siehe Fallbeispiele).

Spinale Metastasen - extradurale Tumore

Metastasen (Tochtergeschwülste) sind die häufigsten extraduralen Tumore, d.h. Tumore die ausserhalb der Rückenmarkshaut liegen. Sie stammen häufig von Lungen-, Brust-, Nieren-, oder Prostatakarzinomen ab und befallen zuerst die knöchernen Strukturen der Wirbelkörper. Gelegentlich können auch Plasmozytome, Lymphome, Sarkome und Chondrome in der Wirbelsäule gefunden werden.

Metastasen verursachen vorrangig Rückenschmerzen der betroffenen Wirbelkörper, die oft auch im Liegen und nachts bestehen. Sie können in den Spinalkanal einwachsen, diesen zunehmend einengen und Druck auf das Rückenmark und spinale Nerven ausüben. Die Folge sind dann, wie bei den anderen spinalen Tumoren, vielfältige neurologische Ausfallerscheinungen.

Prinzipiell können alle Tumoren der Wirbelkörper zu einer Instabilität und zu spontanen Frakturen der Wirbelsäule führen. Ziel der Operation ist daher neben der Dekompression des Rückenmarkes und der Nervenwurzeln die Stabilisierung der Wirbelsäule. Diese erfolgt individuell angepasst auf das Ausmass der tumorösen Infiltration. Oftmals ist ein Wirbelkörpersersatz oder eine Versteifung (Spondylodese) mehrerer Segmente notwendig. In unserem Zentrum werden diese Eingriffe in Zusammenarbeit mit einem darauf spezialisierten Team durchgeführt, insbesondere unter Berücksichtigung der gesamten Wirbelsäulenstatik.

Schliesslich müssen Metastasen im Gesamtbild ihrer Grunderkrankung betrachtet werden und jeder Fall wird vor und nach einer Operation interdisziplinär im Tumorboard besprochen.

Fallbeispiele spinale Tumore

Intramedulläres Ependymom

52 jährige Frau mit diffusen cervico-thorakalen Schmerzen, dissoziierten Sensibilitätsstörungen und progredienter Gangunsicherheit.

Im MRI zeigte sich eine mitten im Rückenmark gelegene Kontrastmittel-aufnehmende Läsion auf der Höhe C1. Die MRI Verdachtsdiagnose lautete Ependymom.

Operation: Abtragen des C1 Bogens, Duraeröffnung und elektrophysiologisch und Ultraschall-gestützte stumpfe Spreizung der hinteren Mittellinie des Rückenmarks. Unter ständigem Monitoring gelingt es den Tumor vollständig mikrochirurgisch zu entfernen. Die elektrophysiologischen Ableitungen bleiben während der Operation vollkommen normal.

Im MRI nach der Operation zeigt sich weder ein Tumorrest noch ein Hinweis auf Schäden am Rückenmark. Bis auf ein leichtes, vorübergehendes Taubheitsgefühl am rechten Bein war die Patientin nach der Operation beschwerdefrei und voll mobil. Die Wunde verheilte problemlos. Auch nach drei Jahren zeigt sich ein normales Kontroll-MRI.

Intramedulläres Ependymom VOR der Operation
Intramedulläres Ependymom VOR der Operation
Intramedulläres Ependymom NACH der Operation
Intramedulläres Ependymom NACH der Operation

Grosses Spinales Schwannom / Neurinom Höhe TH3-4

Bei dieser 27-jährigen Frau wurde wegen Atembeschwerden ein Röntgenbild durchgeführt. Es zeigte sich eine Raumforderung, die sich später im MRI als grosses spinales Neurinon herausstellte und von der rechten Th-3-Nervenwurzel auszugehen schien. Neben den intraspinalen Anteilen wuchs die Raumforderung durch das Neuroforamen bis in die Brusthöhle nach intrathorakal. Dort hatte die Geschwulst einen maximalen Durchmesser von 7cm und war der Ursache der geschilderten Atembeschwerden.

Die Operation wurde zusammen mit einem thorax-chirurgischen Team durchgeführt. Zunächst wurde der Tumor im Spinalkanal und im Neuroforamen mikrochirurgisch über eine Hemilaminektomie reseziert. Damit war das Rückenmark entlastet. Währenddessen präparierten die Kollegen der Thoraxchirurgie den Tumor über einen kleinen thorakoskopischen Zugang im Brustkorb und entfernten ihn vollständig.

Nach der Operation bildeten sich die Atembeschwerden rasch zurück und die Patientin blieb weiterhin neurologisch völlig symptomlos. Die Entlassung erfolgte nach wenigen Tagen und die Wundheilung verlief unauffällig. In den folgenden MRI-Kontrollen zeigte sich, dass der Tumor vollständig entfernt wurde und auch im MRI nach vier Jahren stellten sich alle Strukturen unauffällig und ohne Anzeichen eines Rezidivs dar.

Spinales Schwannom VOR der Operation
Spinales Schwannom VOR der Operation
Spinales Schwannom NACH der Operation
Spinales Schwannom NACH der Operation
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