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Operationstechniken

Minimal Invasive Neurochirurgie - Primum non nocere

Neurochirurgie ist eine geplante Intervention in einen komplexen anatomischen Raum. Der Erfolg einer Operation wird dabei entscheidend von zwei Faktoren bestimmt: Der Auswahl des besten Weges zum chirurgischen Zielgebiet und der Operationstechnik am Zielgebiet selbst. 

Individuelle Vorbereitung auf jeden Eingriff

Jeder Patient und jede Operation sind einzigartig und kleinste anatomische Nuancen können beim Verlauf einer Operation enorme Bedeutung haben. Damit wird klar, dass die räumlichen Details des Operationsgebiets bereits vor einer Operation sehr genau analysiert und verstanden werden müssen. Dies geschieht, je nach Fragestellung, mit hochauflösenden MRI, CT, Angiographie oder PET-Bildserien und diese werden bei komplexen Eingriffen in einem Virtual Reality Simulator fusioniert, aufgearbeitet und dargestellt. Die chirurgische Strategie, inklusive dem Einsatz bestimmter Techniken und Instrumenten, wird anhand dieses simulierten 3D Szenarios vorbereitet. Dabei wird der chirurgische Korridor vom Zielgebiet ausgehend nach aussen, d.h. zur Oberfläche hin geplant und anschliessend wird der Weg zum Ziel von aussen nach innen simuliert. Dabei wird der Zugang mit dem kürzesten Hautschnitt und der kleinstmöglichen Knocheneröffnung festgelegt – immer unter der Berücksichtigung, dass im Zielgebiet genügend Platz für präzise Präparationen und Manipulationen zur Verfügung steht.

Endoskope bieten beste Einblicke in schwierige Operationsgebiete

Während einer minimal invasiven Operation kommen Instrumente zum Einsatz, die es ermöglichen, auf kleinstem Raum exakt und gewebeschonend zu operieren. Zur Ausleuchtung und Darstellung des Operationsgebietes wird neben einem stereoskopischen Operationsmikroskop oft auch ein Endoskop eingesetzt. 

Endoskope bieten mit ihren variablen Blickwinkeln die Möglichkeit, Areale einzusehen, die seitlich oder hinter der geraden Blickachse des Operationsmikroskops liegen und somit können z.B. auch größere Tumore durch einen kleinen Korridor sicher und vollständig entfernt werden. 

Bei der Gefässchirurgie, z.B. bei Aneurysmen, könne schwer einsehbare Gefässstrukturen erkannt und je nach Bedarf ausgeschaltet, erhalten oder rekonstruiert werden. In vielen Fällen im Bereich der Schädelbasis ermöglicht es die moderne endoskopische Neurochirurgie, durch die Nase zu operieren, so dass keine Schädelöffnung erfolgen muss. Speziell dafür entwickelte Mikroinstrumente stehen in unserem Zentrum zur Verfügung.

Bildgebung während der Operation

Neben dem Operationsmikroskop, dem Endoskop und filigranen Mikroinstrumenten basiert die minimale Invasivität der Neurochirurgie auf der computer-gestützten Navigation und der Bildgebung während der Operation. 

In der Klinik Hirslanden stehen uns ein intra-operatives MRI zur Gewebedarstellung (insbesondere bei Tumoren), ein intra-operatives CT (vor allem zur Knochendarstellung und zur Kontrolle bei Blutungen), der Ultraschall (Ortung von tiefen Strukturen und Gewebedarstellung), sowie die intra-operative Katheterangiographie und ICG Angiographie (Aneurysmen, AVM-Chirurgie) zur Verfügung. 

Hinzu kommt das elektrophysiologische Monitoring zur ständigen Kontrolle wichtiger neurologischer Funktionen. In ausgewählten Fällen bietet die Gehirnoperation im Wachzustand eine exzellente Möglichkeit, Funktionen wie Sprache, Sehen oder Bewegungen zu überwachen.

Minimal invasive Neurochirugie basiert also auf einer Kombination von exakter und individueller Planung des chirurgischen Zugangsweges, geschicktem mikrochirurgischem Operieren mit ausgefeilten Instrumenten und dem Einsatz von modernsten Technologien zur 3D Navigation, zur intra-operativen Visualisierung und zur Funktionsüberwachung von relevanten Strukturen. 

Der Endoskopie, der intra-operativen Bildgebung, der Wachoperation und der elektrophysiologischen Überwachung kommen dabei besondere Bedeutung zu. Es gilt immer der Grundsatz: Primum non nocere. Ein Hautschnitt und eine Schädeleröffnung sollten stets so klein wie möglich, aber andererseits auch so gross wie nötig sein. 

Durch diese sorgfältig von Patient zu Patient immer wieder aufs neue abgewogene Balance wird das Risiko einer Operationen minimiert und gleichzeitig die Patientensicherheit maximiert. Im sorgfältigen Zusammenspiel aller Faktoren und Überlegungen liegt schlussendlich der Schlüssel zum Erfolg einer Operation.

Endoskopie
Endoskopie

Intraoperatives MRT

Das intraoperative MRT der Klinik Hirslanden ist ein speziell für die Neurochirurgie konzipiertes Gerät. Es ist mit einem computergestützten Navigationssystem verknüpft und kann so jederzeit während der Operation ein MRT durchführen.

Diese Möglichkeit ist insbesondere bei einer Reihe von Hirntumoren sehr hilfreich, um die Tumorgrenzen exakt von gesundem Gehirngewebe zu unterscheiden. In Fachkreisen ist unumstritten, dass sich diese Abgrenzung bei bestimmten Tumoren positiv auf das Operationsergebnis auswirkt. Bei bösartigen Hirntumoren, insbesondere bei Glioblastomen, setzen wir das intraoperative MRT kombiniert mit einem fluoreszierenden Farbstoff (Gliolan) ein, um die Entfernung von Tumorgewebe mit den momentan modernsten technischen Methoden zu optimieren.

Bei der Operation von Hypophysentumoren ist das intraoperative MRT eine wertvolle Ergänzung zur endoskopisch gestützten Mikrochirurgie, speziell um versteckte und schwer einsehbare Tumorbereiche zu erkennen. Diese können anschliessend sicher und vollständig entfernt werden.

Intraoperatives CT

Das intraoperative CT der Klinik Hirslanden ist in die „BrainSuite“ integriert, d.h in einen neurochirugischen Operationssaal, der mit

  • modernster räumlicher Navigationstechnologie,
  • mikrochirugischen Instrumenten und
  • Narkosetechnologie

ausgestattet ist. Die Chirurgen können damit jederzeit während einer Operation ein CT durchführen, um somit besonders bei Operationen im Bereich der Schädelbasis, bei Tumoren und bei vaskulären Eingriffen eine exakte räumliche Orientierung zu gewinnen. Somit wird die Genauigkeit und damit die Sicherheit der Operation in vielen Fällen deutlich erhöht.

Im Bereich der Wirbelsäulenchirugie ermöglicht das intraoperative CT eine genaue Beurteilung der Lage von Bandscheibenprothesen oder Schrauben, die gelegentlich zur Stabilisierung der Wirbelsäule implantiert werden.

Intraoperative Angiographie

Unser intraoperatives Angiographiesystem ermöglicht die vaskuläre Neurochirurgie von Aneurysmen, Fisteln oder Malformationen auf höchstem Niveau. Jede angiographisch gestützte Operation wird von einem interdisziplinären Team von Neuroradiologen und Neurochirugen durchgeführt.

Unter angiographischer Kontrolle ist es möglich, bestimmte Strömungsverhältnisse in Blutgefässen direkt während der Operation zu erfassen und die operative Strategie entsprechend anzupassen und zu optimieren.

Intraoperatives elektrophysiologisches Monitoring - Das elektrische Radar

Intraoperatives elektrophysiologisches Monitoring (Neuromonitoring) wird verwendet, um wichtige neurologische Funktionen während einer Operation zu überwachen. Im Gehirn ist dies besonders wichtig beim Operieren in der Nähe von Bereichen die motorische Funktionen oder das Sehen verarbeiten, oder in der Nähe von Nervenbahnen, die elektrische Signale übertragen, z.B. im tiefen Gehirn, im Hirnstamm oder im Rückenmark. Während der Wirbelsäulenchirurgie, insbesondere bei komplexen Fällen mit Narbengewebe und Implantaten, wird eine elektrophysiologische Überwachung durchgeführt um Schäden an Nerven zu vermeiden die im und neben dem Wirbelsäulenkanal verlaufen. Bei der Operation von Tumoren im Rückenmark ist das elektrophysiologische Monitoring unverzichtbar um Schäden am gesunden Nervengewebe zu vermeiden.

Abhängig von den zu überwachenden Strukturen und deren Funktionen stehen verschiedene Überwachungsmethoden zur Verfügung und häufig wird eine Kombination von Techniken angewendet (Somatosensorische evozierte Potentiale (SSEP), Motor evozierte Potentiale (MEP), Akustische evozierte Potentiale (AEP), Elektroenzephalogramm (EEG) ), Visuell evozierte Potentiale (VEP) und direkte Gewebemikrostimulation). In allen Fällen ist ein Neurologe im Operationssaal anwesend um die abgeleiteten elektrische Impulse zu interpretieren.

Bei einer Tumoroperation werden bipolare oder monopolare Mikrosonden verwendet, um die funktionelle Aktivität vor und während der Entfernung von Tumorgewebe zu messen. Vergleichbar mit Echtzeit-3D-Radar werden elektrische Ströme von der Spitze der Stimulationssonde radial und mit unterschiedlicher Intensität in das Operationsfeld gesendet, um Abstände zu funktionell aktiven Strukturen in allen Richtungen und in Echtzeit anzuzeigen. Dies ermöglicht insbesondere an Tumorgrenzen oder Tumor-infiltrierten Zonen eine präzise Unterscheidung zwischen Tumor und gesundem Gewebe.

Im Zentrum für Mikroneurochirurgie arbeiten wir auf dem Gebiet des elektrophysiologischen Monitoring eng mit dem Neurozentrum Bellevue und dem Neurozentrum Hirslanden zusammen, insbesondere mit den Neurologen Dr. Konrad Scheglmann und PD Dr. Dominique Zumsteg.

Die mikrovaskuläre Dopplersonographie (Mikrodoppler)

Der Mikrodoppler ist ein nichtinvasives Ultraschall-Verfahren zur Detektion von Blutgefässen und dem Blutfluss im Gefässinneren. Dadurch können Blutgefässe bereits vor dem Freilegen identifiert werden, was besonders in der Tumorchirurgie wichtig sein kann. Zusätzlich kann die Dynamik des Blutflusses beurteilt werden. Die Vorteile des Verfahrens liegen in der einfachen Handhabung und der kurzen Untersuchungszeit. Wichtig ist der Mikrodoppler in der Aneurysmachirurgie zur Überprüfung der Durchlässigkeit, d.h. des Strömungsverhaltens von Gefässen an der Basis des Aneurysmas. Bei der AVM Chirurgie oder bei AV-Fisteln spielt der Doppler eine wichtige Rolle zur Flussmessung im Rahmen von temporären oder permanenten Unterbindungen von Gefässen. Oft werden die ICG (Indocyanin-Grün) - Angiographie und die Katheter-Angiographie komplementär zur Dopplersonographie eingesetzt.

Die intraoperative Indocyanin-grün Angiographie (ICG)

Die intraoperative Indocyanin-grün Angiographie stellt intraoperativ den Blutfluss von Blutgefässeen im Gehirn in Echtzeit optisch dar. Dabei wird ein fluoreszierender Farbstoff über die Venen verabreicht und mit dem Mikroskop kann die aus im Inneren der Gefässe leuchtende Fluoreszenz unter Verwendung von Licht mit einer speziellen Wellenlänge detektiert werden. Diese Darstellung gibt Aufschluss über die Flussverhältnisse in den dargestellten Hirngefässen. Der Behandlungserfolg eines neurovaskulären Eingriffes, wie z.B das Clipping eines Aneurysmas, wird dabei sichtbar. Fast immer wird ICG-Angiographie zusammen mit dem Mikrodoppler und der intra-operativen Katheter Angiographie angewendet. Somit kann ein vollständiger Verschluss eines Aneurysmas, einer AVM oder einer AV-Fistel bei gleichzeig erhaltener Durchgängigkeit von benachbarten Blutgefässen sichergestellt werden.

Die intraoperative Subtraktionsangiographie

Die intraoperative Angiographie ermöglicht die Darstellung von Blutgefässen und Strömungsverhältnissen mit höchst möglicher Auflösung - direkt während einer Operation. Sie kommt insbesondere bei der Chirurgie von Aneurysmen, arterio-venösen Malformationen (AVM) und AV-Fisteln zum Einsatz. Dabei führt ein Neuroradiologe unter sterilen Bedingungen einen Katheter über die Leisten-Arterie ein und leitet ihn unter Röntgenkontrolle zu den zu untersuchenden Gefässen im Kopf. Falls notwendig ist die Angiographie mehrfach wiederholbar. In unserem Zentrum führen wir alle neurovaskulären Eingriffe mit unserer sehr modernen intra-operativen Angiographie-Anlage durch und haben mit einem eingespielten Team im Laufe der Jahre die Technik und den Workflow optimiert und an verschiedene intra-operative Fragestellungen angepasst. So ist es z.B. möglich das mikrochirurgische Ausschalten eines Aneurysmas direkt nach dem Anbringen eines Clips zu überprüfen und die Lage des Clips ggf. zu korrigieren. Bei der Chriurgie von AVMs bzw. AV-Fisteln wird die komplette Ausschaltung des AVM-Nidus bzw. des Fistelpunktes direkt intraoperativ überprüft. Zusammen mit der Dopplersonographie, der ICG (Indocyanine green) Angiographie und intra-operativer Elektrophysiologie (Neuromonitoring) ist somit bei neurovakulären Eingriffen ein höchst mögliches Mass an Patientensicherheit garantiert.

Der intraoperative Ultraschall - das Sonar der Neurochirurgie

In der Natur benutzen Fledermäuse Ultraschallwellen in einer Frequenz über 20 kHz um damit Beute oder Hindernisse zu lokalisieren. Ultraschallwellen sind risikofrei, da sie ähnlich wie Schallwellen im Körper keine weitere Wirkung hinterlassen. Durch einen Schallkopf werden die Wellen ausgesendet, je nach Material unterschiedlich reflektiert und durch den Schallkopf wieder detektiert. Dadurch können unterschiedliche Gewebe bildlich dargestellt werden. 

Diese Technologie erlaubt in der Neurochirurgie Echtzeit-Navigation in der Tiefe des zentralen Nervensystems. Der Ultraschall kommt dabei vor und nach Eröffnung der harten Hirnhaut zum Einsatz. Dabei wird eine in der Tiefe liegende Läsion, die mit dem Auge nicht sichtbar ist, dargestellt. Während der Operation kann dadurch der Fortschritt der Gewebe-Entfernung gleichsam in Echtzeit dargestellt werden.

Die intraoperative Echtzeit-Navigation mit Ultraschall ist eine komplementäre Methode zur intraoperativen Computer-gestützten Navigation und kann auch mit dieser verknüpft werden. Dies ist insbesondere bei Brain-Shift relevant, also bei der Verschiebung von Hirnstrukturen während der Operation, welche nach dem Ablassen von Hirnwasser oder nach der Entfernung von Tumorgewebe entstehen kann. Anhand von intraoperativen Ultraschallbildern kann ein Brain Shift im Vergleich zur prä-operativ erstellten Bildgebung unmittelbar erkannt und korrigiert werden, d.h. Ultraschall ermöglicht eine kontinuierliche eine genaue räumliche Orientierung. Dies ist besonders wertvoll zur Erkennung von Tumorgrenzen und bei Operationen in eloquenten Gehirnregionen.

In der intraduralen spinalen Neurochirurgie, speziell bei Tumoren im und am Rückenmark, ist der Einsatz von Ultraschall ebenfalls enorm hilfreich: Die Eröffnung der Dura kann präzisiert werden und bei der Resektion eines Tumors im Rückenmark können Tumorgrenzen exakt dargestellt werden.

In unserem Zentrum verwenden wir modernste und sehr hochauflösende Ultraschalltechnologie mit einer Reihe von Sondenköpfen, welche teilweise so klein sind, dass sie direkt an die Wand in einer Tumorhöhle angelegt werden können.

Solitäres EBV-assoziertes Lymphom, links parietal, postzentral. Darstellung der minimal-invasiven trans-sulcalen Dissektion mit intra-operativem Ultraschall.

Intraoperative Navigation

Die computerisierte Neuro-Navigation schafft für den Operateur eine Schnittstelle zwischen der prä-operativen Bildgebung und der eigentlichen Operation. Zunächst werden dazu im Rahmen der 3D MRT (MRI) und CT (Computertomografie) Diagnostik millimetergenaue Schnittbilder beispielsweise eines Tumors oder eines Gefäßkonvolutes angefertigt. Anschliessend beurteilen wir bei der 3D Operationsplanung die Lage des Zielgebietes in Beziehung zu weiteren wichtigen Strukturen, die während des Eingriffs geschont werden müssen, wie z.B. wichtige Nervenbahnen (im MRI dargestellt durch fiber tracking), Sprachareale, motorische Areale oder venöse und arterielle Gefäße des Gehirns.

Während der Operation wird der Kopf des Patienten in einer geeigneten Position fixiert und die aufgearbeiteten 3D Daten aus der Operationsplanung werden mit der Kopfoberfläche in Übereinstimmung gebracht. Dies geschieht mit Hilfe eines Laserpointers. Die Stereo-Kamera des Navigationssystems erkennt die exakte Position des Kopfes in seiner aktuellen Lage im Raum und ein Algorithmus führt automatisch eine exakte Co-Registrierung zwischen den virtuellen 3D Daten der OP-Planung (MRI / CT) und dem tatsächlichen Operationsgebiet durch. 

Ist dieser Vorgang abgeschlossen, haben wir anschliessend die Möglichkeit während der Operation jederzeit mit einem Instrument oder einem Laserstrahl in der Mitte der optischen Achse des Mikroskops die aktuelle Präparationsstelle in ihrer 3D Beziehung zu jedem anderen Punkt innerhalb des Gehirns darzustellen. Die bereits vor der Operation ausgearbeiteten chirurgischen Schritte und Strategien können so direkt und dreidimensional auf den Patienten projiziert werden. Das Risiko einer Operation kann somit auf ein Minimum beschränkt werden, denn der Weg zum chirurgischen Zielgebiet wird optimiert, riskante OP-Gebiete werden früh erkannt und Schäden an essentiellen Strukturen werden vermieden.

Tumorfluoreszenz mit 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) - Gliolan

Studien haben gezeigt, dass die Prognose nach Operationen von höhergradigen Gliomen an das Ausmass der chirurgischen Resektion gekoppelt ist. Deswegen arbeiten Neurochirurgen gemeinsam mit Neurowissenschaftlern an neuen Möglichkeiten, eine möglichst optimale Tumorresektion erreichen zu können. Einen grossen Stellenwert nimmt dabei die Verwendung von 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) ein.

5-ALA ist eine körpereigene Aminosäure, die aus Succinyl-CoA und der Aminosäure Glycin gebildet wird. Aminosäuren sind die Bausteine der im Körper produzierten Proteine. Im Speziellen hat 5-ALA eine Bedeutung in der Herstellung des Blutfarbstoffes Hämoglobin als Vorstufe des Häm-Proteins. 5-ALA wird über verschiedene Zwischenprodukte enzymatisch zum Häm umgebaut. Dabei fällt unter anderem Protoporphyrin IX an, welches die Eigenschaft besitzt unter UV-Licht rötlich-pink aufzuleuchten.

In den späten 1990er-Jahren zeigten mehrere wissenschaftliche Gruppen, dass sich 5-ALA spezifisch in Tumorgewebe anreichert, wenn es einige Stunden zuvor verabreicht wurde. Veränderte Stoffwechselmechanismen erschweren es den Tumorzellen das 5-ALA und Protoporphyrin IX adäquat zu verarbeiten. Es akkumulieren also Proteine im bösartigen Gewebe, die man mit UV-Licht sichtbar machen kann. Der Tumor fluoresziert.

Die Kombination dieser beider Phänomene macht man sich in der operativen Therapie von höhergradigen Gliome zu Nutze, denn auch dort akkumuliert das 5-ALA. Circa vier Stunden vor der Operation wird der Wirkstoff in einer Flüssigkeit gelöst als Getränk verabreicht, wobei die individuelle Dosis an das Körpergewicht angepasst wird.

Während der Operation ist es mit einem speziell dafür ausgerüsteten Operationsmikroskop möglich vom normalen Licht auf UV-Licht umzuschalten und das Glioblastom leuchtet rötlich auf – gesundes Gehirngewebe hingegen fluoresziert nicht.

Die Tumorfluoreszenz ermöglicht einen Blick in Echtzeit auf die bösartigen Tumorareale. Höhergradige Gliome, d.h. Glioblastome und analplastische Astrozytome können dadurchdeutlich präziser und effektiver reseziert werden.Teilweise demaskieren sich durch das 5-ALA Tumorareale, die sich den zuvor durchgeführten MRI-Untersuchungen entziehen konnten, was das Resektionsausmass steigert.

Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Prognose bei Erkrankungen an höhergradigen Gliomen direkt mit dem Ausmass der Tumorresektion korreliert. So konnte bei über 250 Patienten nachgewiesen werden, dass durch die Anwendung der Tumorfluoreszenz in doppelt so vielen Fällen als in der Kontrollgruppe (Operation ohne Fluoreszenz) alle Bereiche des Glioms entfernt werden konnten, die zuvor in der MRI-Bildgebung Kontrastmittel aufgenommen haben. Als Folge dadurch waren 41% der Patienten sechs Monate nach der Operation progressfrei im Gegensatz zu 21% in der Kontrollgruppe.

Besonders wichtig bei der Gliomchirurgie ist der Tumorrandbereich, d. h. die Übergangszone zwischen dichtem zentralem Tumorgewebe und dem umliegenden gesunden Gehirn. Hier wachsen die Gliome diffus-infiltrierend und das aufgelockerte Tumorgewebe ist unter weissem Licht schwierig von gesundem Gewebe zu unterscheiden – es leuchtet jedoch schwach in der 5-ALA Fluoreszenz. Diese Übergangszone kann jedoch nicht immer ohne Zögern reseziert werden, denn sie kann durchaus funktionell wichtiges Gehirngewebe enthalten. Die hohe Kunst der Gliomchirurgie ist es daher die Radikalität der Resektionsgrenze individuell zu definieren, oder vereinfacht gesagt: Den Tumor mitsamt der Übergangszone immer dann möglichst radikal zu entfernen, wenn eine Erhaltung der Hirnfunktionen möglich ist – oder zumindest nach der Operation eine Einschränkung nur vorübergehender Natur ist. Während der Operation kommen daher besonders in den Tumorrandzonen zusätzliche elektrophysiologische Techniken (Brain Mapping) zur Monitorisierung von Gehirnfunkzonen, sowie Ultraschall und die 3D Neuronavigation zum Einsatz. Das chirurgische Ergebnis und damit auch die Prognose können durch dieses Zusammenspiel an Operationstechniken deutlich optimiert werden.

Intraoperatives MRI
Intraoperatives MRI
Intraoperatives MRI
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Intraoperatives CT mit BrainLab Suite
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Intraoperative Angiographie
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