Das menschliche Gehirn besitzt eine Art Wasserleitungssystem, welches Flüssigkeit im Inneren des Hirns bildet und dieses aus der Tiefe an die Hirnoberfläche leitet. Der medizinische Fachbegriff für dieses Hirnwasser lautet Liquor. Die inneren Liquorräume werden als Ventrikel bezeichnet und drainieren den Liquor an verschiedenen Punkten an die Gehirnoberfläche, wo er resorbiert wird. Jeden Tag wird so etwa ein halber Liter Liquor im Inneren gebildet und außen wieder resorbiert, es herrscht also ein ständiger Fluss.
Innerhalb dieses Ventrikelsystems können sich verschiedenste Arten von Tumoren ausbilden: Ependymome, Astrozytome, zentrale Neurozytome, Plexustumoren oder Kolloidzysten, um nur einige wenige zu nennen. Trotz ihrer mikroskopischen Unterschiede in Bezug auf ihren zellulären Ursprung ähneln sich beinahe alle Wucherungen in ihren Symptomen.
Wächst eine Raumforderung in den Hirnwasserräumen heran und verlegt den Liquorfluss, staut die Flüssigkeit innerhalb des Systems auf und der Hirndruck steigt – ein Hydrozephalus entsteht. Dieser kann Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen oder Sehstörungen verursachen. Gelingt es nicht, den Abfluss wieder herzustellen, kann dies weiter von Benommenheit bis hin zum Koma führen.
Deshalb stellt die operative Entfernung des Tumors in den meisten Fällen die erste Therapieoption dar. Lässt eine komplizierte Tumorlage keine Operation zu, kann durch eine chirurgische Intervention ein Umgehungskreislauf geschaffen werden, der das Hirnwasser über einen neu angelegten Weg nach außen leitet (siehe Kapitel Hydrocephalus).
Entweder geschieht dies über eine Fensterung eines der Liquorräume, sodass das Hirnwasser in das äußere System abfließen kann, oder über die Anlage eines ventrikulo-peritonealen Shunts. Bei diesem leitet man den Liquor über einen Katheter aus einem der Seitenventrikel aus, führt die Drainage unter der Haut bis in den Bauchraum und versenkt dort das Ende. Ebenda kann das Hirnwasser problemlos resorbiert werden.
Hier einige der wichtigsten intraventrikulären Tumore:
Das Ventrikelsystem wird von einem bestimmten Zelltyp ausgekleidet, nämlich den Ependymzellen, welche wiederum eine Untergruppe der Gliazellen, also des Stützgewebes der Nervenzellen, sind. Sie bilden 3-9% aller Tumoren des zentralen Nervensystems und treten bevorzugt bei Kindern und jungen Erwachsenen auf. Ca. zwei Drittel der Ependymome befinden sich im 4. Ventrikel, also in dem Raum zwischen Kleinhirn und Hirnstamm. Ependymome werden gemäss WHO-Klassifikation dem Grad II zugeordnet, das seltene anaplastische Ependymom dem Grad III.
Die vollständige mikrochirurgische Resektion ist bei Ependymomen die beste Therapie, denn oft kann damit eine vollständige Heilung ohne Rezidiv erzielt werden. Während einer Operation stellen sich Ependymome meist als gut abgrenzbares, homogen erscheinendes, Gewebe dar, welches mit feinen Mikroinstumenten und unter mikroskopischer und endoskopischer Vergrösserung von der Umgebung abpräpariert werden kann.
Besonders am Hirnstamm ist hier der Einsatz von elektrophysiologischem Monitoring von enormer Bedeutung, um neurologische Defizite zu vermeiden und bei einer Infiltration in den Hirnstamm die Radikalität der Tumorresektion entsprechend zu adaptieren. Wie alle Hirn- und Schädelbasistumore werden auch Ependymome in unserem Tumorboard besprochen, um im Falle eines Resttumors eine Strahlentherapie, oder eine Chemotherapie in Erwägung zu ziehen.
Neurozytome sind selten und fast immer gutartig (WHO II). Die zentralen Neurzytome treten ausschließlich innerhalb des Ventrikelsystems auf und betreffen vor allem junge Erwachsene zwischen der zweiten bis vierten Lebensdekade.
Aufgrund ihrer Lage (oft in der Nähe des Foramen Monroi) werden sie häufig durch Liquorzikulationsstörungen bzw. Hydrozephalus symptomatisch.
Die Therapie der Wahl des zentralen Neurozytoms ist die vollständige chirurgische Entfernung des Tumors, wodurch in der Mehrzahl der Fälle eine rückfallfreie Heilung erzielt werden kann. Aufgrund der Lage im Ventrikelsystem bieten sich endoskopisch gestützte Operationstechniken an, welche bei einem sorgfältig geplanten Zugangsweg in der Regel eine vollständige Resektion erlauben.
Im Fall einer subtotalen Resektion, wie z.B. bei Tumorinfiltration in angrenzende Hirnregionen, kann eine adjuvante Bestrahlung sinnvoll sein. Hierbei wird jeder Fall individuell unter Einbeziehung der pathologischen Befunde (Gewebeanalyse) interdisziplinär im Tumorboard besprochen.
Als Zysten werden abgegrenzte Hohlräume bezeichnet, die von einer Zellschicht aus Epithel ausgekleidet sind. Im Falle der Kolloidzysten im ventrikulären System besteht dieses Epithel aus Gliazellen. Kolloidzysten sind langsam wachsende, gutartige Raumforderungen des Gehirns, die weniger als 1% aller intrakraniellen Raumforderungen ausmachen.
Es erkranken vor allem Menschen zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr. Die Zysten liegen meistens in der Mitte der Hirnwasserräume im dritten Ventrikel und verhindern so den Abfluss. Kommt es durch den daraus resultierenden Liquorstau zu Symptomen, liegt eine OP-Indikation vor - in manchen Fällen besteht sogar die dringende Notwendigkeit, den Liquorausstau zu beseitigen, da die Zysten bei begonnener Erweiterung der seitlichen Ventrikelsyssteme den Abfluss durch das Foramen Monroi plötzlich und vollständig unterbinden können.
Rasch einsetzende möglicherweise schwere neurologische Defizite sind dann die Folge. In der Regel ist es möglich, eine Kolloidzyste rein endoskopisch über einen kleinen Zugang durch den Seitenventrikel zu entfernen und so die Ursache des Aufstaus zu beseitigen.
Dieser 34-jährige Patient stellte sich mit Kopfschmerzen, Übelkeit und leichter Dranginkontinenz vor. Das MRI zeigte einen Tumor im linken Seitenventrikel mit fleckiger Kontrastmittelanreicherung, welcher am Corpus callosum ansetzte und einige Millimeter in das Foramen Monro hineinreichte. Der linke Seitenventrikel war massiv vergrößert und beide Schläfenhörner waren erweitert, was auf eine Behinderung des Liquorflusses hindeutete.
Der Tumor wurde durch einen linksseitigen trans-parieto-okzipitalen Schlüssellochzugang mit einer Kombination aus mikroskopischen und endoskopischen Techniken vollständig entfernt.
Der postoperative Verlauf verlief ohne Komplikationen. Die neurologischen Symptome klangen ab und der Patient konnte nach 5 Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Das postoperative MRI zeigte eine vollständige Tumorentfernung ohne Anzeichen von Komplikationen.
Die histo-pathologische Analyse ergab, dass es sich um ein atypisches zentrales Neurozytom, WHO II, handelte. Auf Empfehlung unseres interdisziplinären Tumorboards erhielt der Patient eine fokal fraktionierte Strahlentherapie des Tumorbettes.